Betreff
Antrag Buntes Bündnis: Für mehr Transparenz, mehr Bürgerservice und mehr Bürgerbeteiligung im Landkreis (B)
Vorlage
2020/3669
Art
Beschlussvorlage

Sachverhalt/Begründung

 

Das Bunte Bündnis stellte beigefügten Antrag für mehr Transparenz, mehr Bürgerservice und mehr Bürgerbeteiligung im Landkreis (Anlage 1).

 

a) Transparente Kreispolitik

Öffentliche Sitzungen der Kontrollgremien aller Gesellschaften des Landkreises / Sitzungsdienst SessionNet ausweiten

Gesellschafterversammlungen einer GmbH sowie Aufsichtsratssitzungen sind keine öffentlichen Veranstaltungen. Ein Teilnahmerecht an einer Gesellschafterversammlung steht grundsätzlich nur den Gesellschaftern zu, eine Teilnahme an den Aufsichtsratssitzungen nur den Aufsichtsratsmitgliedern. Dritte (z. B. Sachverständige, Berater) können nur in Ausnahmefällen hinzugezogen werden, soweit hierfür ein Sachgrund besteht. Eine solche Hinzuziehung dürfte sich in der Regel auf einzelne Tagesordnungspunkte begrenzen. Aufgrund entgegenstehender rechtlicher bzw. vertraglicher Vorgaben können die Sitzungen der Kontrollgremien aller Gesellschaften des Landkreises nicht der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Zugleich dürfen nichtöffentliche Protokolle nicht in SessionNet eingestellt werden.

Die Aufsichtsratssitzungen der Ilmtalklinik könnten – im Gegensatz zu den Gesellschafterversammlungen – zumindest teilweise, soweit nicht Verschwiegenheitsplichten entgegenstehen, öffentlich zugänglich gemacht werden. Hierfür müsste der Gesellschaftervertrag durch die Gesellschafterversammlung entsprechend abgeändert werden. 

 

Barrierefreier Livestream

Aus datenschutzrechtlicher Sicht ist zu dem Thema Live-Streaming grundsätzlich folgendes anzumerken: Bei einer Liveübertagung öffentlicher Sitzungen handelt es sich um die Übermittlung personenbezogener Daten an eine Vielzahl unbestimmter Personen, für die die Einwilligung des Betroffenen erforderlich ist und zwar sowohl was Bild als auch Ton betrifft. Es ist daher vorher sowohl die Zustimmung der Kreisräte als auch der Mitarbeiter der Verwaltung und der etwaig anderen anwesenden Gäste erforderlich (Einverständniserklärung siehe Anlage 2).

Es ist dabei unbedingt der Informationspflicht des Betroffen nach Art. 13 DSGVO (Datenschutzgrundverordnung) nachzukommen. Zudem ist ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass Bild und Ton weltweit von einem unbegrenzten Personenkreis abgerufen, aufgezeichnet, unter Umständen verändert und ausgewertet werden können und die weitere Verwendung dieser Aufnahmen nicht abzusehen ist. Die Entscheidung über die Zustimmung muss dabei ohne psychischen Druck auf der Grundlage ausreichender Information über die besonderen Modalitäten einer Interneteinstellung und mit ausreichender Überlegungsfrist erfolgen.

Verweigert ein Kreistagsmitglied seine Einwilligung, dürfen seine Redebeiträge weder in Bild noch Ton übertragen werden. Bei einem Live-Streaming bedeutet dies, dass diese Zeitabschnitte überbrückt werden müssen bzw. eine Übertragungspause stattfindet. Dabei ist zu vermeiden, dass bei jedem Redebeitrag die Verweigerung des Kreistagsmitglieds jedes Mal aufs Neue öffentlich dokumentiert wird. Es bietet sich hier als Lösung an, den Live-Stream etwas zeitversetzt zu übertragen, so können solche erforderlichen Übertragungspausen relativ unauffällig vermieden werden. Die Einwilligung muss außerdem jederzeit ohne Angabe von Gründen widerrufen werden können. Willigt ein Verwaltungsmitarbeiter*innen in die Übertagung im Internet nicht ein, muss z.B. den Sachvortrag für ihn ein anderer Mitarbeiter*in übernehmen. Gleiches gilt für externe Gäste. Der Zuschauerraum darf im Übrigen nicht so in die Übertragung einbezogen werden, dass einzelne Zuschauer*innen erkannt werden können. Eine entsprechende Frage in den Zuhörerraum auf Einwilligung vor Beginn der Sitzung genügt den datenschutzrechtlichen Anforderungen nicht.

 

Die technischen Voraussetzungen sind für eine Live-Stream-Übertragung im neuen Großen Sitzungssaal des Landratsamts gegeben. Für die Durchführung der Übertragungen ist jedoch ein externer Dienstleister erforderlich, der die Kameras stellt, die Regieleistungen vor Ort durchführt und die Streamingserver stellt. Um einen Anhaltspunkt hinsichtlich der Kosten zu bekommen, wurden seitens der Verwaltung zwei ortsansässige externe Anbieter um die Abgabe eines Angebots gebeten. Zwei Angebote sind eingegangen:

 

1.    GFS Film Entertainment GmbH                    1.334,00 € (Anlage 3)

2.    Bieter, Pfaffenhofen                                      1.850,20 €

 

Das Angebot der Firma GFS Film Entertainment GmbH beinhaltet Live-Stream und optional Archivierung. Es handelt sich dabei um einen Pauschalpreis für die Übertagung einer Sitzung bei Abnahme von mindestens fünf Übertragungen/Jahr. Die Aufnahme würde mit vier Kameras erfolgen. Geht man von einem Preis von 1.334,00 €/Übertragung aus sind das bei sieben Kreistagssitzungen im Großen Sitzungssaal im Jahr 9.338,00 €/Jahr. Bei Sitzungen in anderen Räumlichkeiten fallen keine zusätzlichen Kosten an. Bei der Option „Nur Live-Stream – ohne Archivierung“ kommt man auf einen Betrag in Höhe von 8.120,00 €/Jahr.

 

Der Antrag der BK-Fraktion sieht einen barrierefreien Livestream aus den Kreistagssitzungen vor. Die Mehrkosten für die Untertitel bewegen sich im hohen 3-stelligen oder sogar 4-stelligen Bereich je Sitzung.

Der Livestream könnte parallel auch auf Facebook ausgestrahlt werden. Facebook bietet eine kostenlose Funktion zum Untertiteln von Live-Videos an. Der Live-Stream kann dabei bei Facebook so konfiguriert werden, dass keine Kommentare möglich sind und das Video nach Ende des Streams auch nicht mehr verfügbar ist.

Hier ist aus datenschutzrechtlicher Sicht anzumerken, dass das Betreiben von Facebook-Fanpages von Kommunen aus datenschutzrechtlicher Hinsicht generell als sehr problematisch angesehen wird. Die Rechtslage ist hier in datenschutzrechtlicher Hinsicht ziemlich komplex. Eine Verwendung von Facebook empfiehlt sich aus datenschutzrechtlicher Sicht nicht, weil ein datenschutzkonformer "Betrieb" im Ergebnis - zumindest aktuell - kaum möglich erscheint.

Eine weitere Alternative wäre die Einblendung eines Gebärden-Dolmetschers. Die Kosten hierfür dürften ebenfalls sehr hochpreisig sein.

 

 

b) Bürgerbeteiligung und Bürgerdialog

Regelmäßige Bürgerkonferenzen / Landkreisportal zur digitalen Bürgerbeteiligung

Die Landkreisbevölkerung soll durch digitale Dialogtools mehr Möglichkeiten zur aktiven Teilhabe und Partizipation bei wesentlichen Entscheidungen der Kreispolitik erhalten. Neben Bausteinen der Befragung / Umfragen und Chatbots mit selbstlernender künstlicher Intelligenz zur aktiven Suchkommunikation, findet die wirkungsvollste Einbindung der Bürger*innen über Bausteine der Wissensbeteiligung (Digitale Bürgerkonferenzen / Blogs für relevante Themen) statt. Die Dialogtools sollen dabei vollständig in die bestehende Homepage integriert werden. Auch ein Landkreis-Blog bzw. Landrats-Vlog könnte direkt in die Homepage eingearbeitet werden. Ein separates Landkreisportal als „Parallelstruktur“ zur Landkreis-Homepage erscheint aus Sicht der Bereiche Öffentlichkeitsarbeit und EDV nicht sinnvoll.

 

Jugendkreistag: Dieser Punkt wird in TOP 10 behandelt.

 

Onlinesprechstunden des Landrats und des Stellvertretenden Landrats

Der Landrat und sein Stellvertreter bieten bereits persönliche und telefonische Bürgersprechstunden an. Diese Sprechstunde kann auf Wunsch der Bürger*innen selbstverständlich auch per Videokonferenz erfolgen. 

 

 

Digitale Terminvereinbarung

Der Bedarf für die Verwaltung wurde analysiert. Derzeit werden verschiedene Anbieter verglichen. Eine digitale Terminvereinbarung für die Zulassungs- und Führerscheinstelle wird bis Ende 2020 möglich sein. Danach erfolgt die Einführung einer digitalen Terminvereinbarung für die restlichen Sachgebiete.

 

d) Barrierefreie Kommunikation und Inklusion

Einfache Sprache

Die Verwendung einer einfachen Sprache wird bereits in § 22 AGO vorgeschrieben. Die AGO ist für das Landratsamt als Staatsbehörde unmittelbar bindend. Für das Landratsamt als Kreisbehörde wird die Anwendung der AGO empfohlen. Um diese theoretischen Vorgaben im Arbeitsalltag bei der Kommunikation mit den Bürger*innen umzusetzen, sollen die Mitarbeiter*innen durch Informationsangebote für dieses Thema sensibilisiert und durch Fortbildungen entsprechend geschult werden. Auch bei der Erstellung von Informationsblättern und Formularen soll verstärkt auf die Verwendung von Einfacher Sprache geachtet werden.

 

Videodolmetscher-Tool für alle relevanten Sprachen

Die gesetzlichen Grundlagen zur Amtssprache finden sich in Art. 23 BayVwVfG sowie § 19 SGB X (Amtssprache ist deutsch). In den meisten Sachgebieten (Soziales, Integration, Ausländeramt, VHS) stellt die Sprachbarriere auch kein größeres Problem dar. Eine Verständigung auf Englisch oder mit Hilfe von Bekannten ist meist problemlos möglich. Hier wird wenig bis kein Bedarf für ein Videodolmetscher-Tool gesehen. Anders stellt sich die Lage im Jugendamt dar. Dort fallen oft hohe Kosten für Dolmetscher an (u. a. bei der Verständigung mit unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen, etc.). Ein Videodolmetscher-Tool würde hier den Bürgerservice erhöhen und Kosten sparen (Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit). Es wird daher vorgeschlagen, im Sachgebiet Jugend, Familie, Bildung mit dem Einsatz eines Videodolmetscher-Tools als Pilotprojekt zu beginnen.

Beschlussvorschlag:

 

Der Kreistag beschließt:

 

1.    Alle Kreistagssitzungen werden per Live-Stream auf der Landkreishomepage übertragen. Die aufgezeichneten Sitzungen sind für 12 Monate auf der Landkreishomepage einsehbar. Die Firma GFS Film Entertainment GmbH erhält den Auftrag für die Live-Stream-Übertragung inkl. Archivierung für 1.334,00 € (brutto) pro Übertragung. Auf die Barrierefreiheit des Live-Streams wird derzeit aus Gründen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit verzichtet.

 

2.    Die Landkreisbevölkerung soll durch digitale Dialogtools mehr Möglichkeiten zur aktiven Teilhabe und Partizipation bei wesentlichen Entscheidungen der Kreispolitik erhalten. Die Verwaltung wird beauftragt, Angebote zu Tools für digitale Bürgerumfragen, digitale Bürgerkonferenzen sowie Blogs einzuholen und deren Umsetzung voranzutreiben. Die Einbindung eines Chatbots auf der Landkreiswebseite soll weiterverfolgt werden.

 

3.    Der § 22 AGO soll auch für das kommunale Landratsamt angewandt werden. Durch Informationsangebote werden die Mitarbeiter*innen des Landratsamts für das Thema „Einfache Sprache“ sensibilisiert und durch Fortbildungen entsprechend geschult.  

 

4.    Die Verwaltung wird beauftragt, Angebote für ein Video-Dolmetscher-Tool zum Einsatz im Sachgebiet Jugend, Familie, Bildung einzuholen (Pilotprojekt).

 

5.    Durch Änderung des Gesellschaftervertrags könnten die Aufsichtsratssitzungen der Ilmtalklinik zumindest teilweise, soweit nicht Verschwiegenheitsplichten entgegenstehen, öffentlich zugänglich gemacht werden. In der Gesellschafterversammlung der Ilmtalklinik GmbH soll der Landkreis Pfaffenhofen, vertreten durch Herrn Landrat Albert Gürtner, diesbezüglich auf eine Änderung des Gesellschaftervertrags hinwirken.