Sachverhalt/Begründung
Das
Bunte Bündnis stellte beigefügten Antrag für
mehr Transparenz, mehr Bürgerservice und mehr Bürgerbeteiligung im Landkreis
(Anlage 1).
a)
Transparente Kreispolitik
Öffentliche Sitzungen der
Kontrollgremien aller Gesellschaften des Landkreises / Sitzungsdienst
SessionNet ausweiten
Gesellschafterversammlungen
einer GmbH sowie Aufsichtsratssitzungen sind keine öffentlichen
Veranstaltungen. Ein Teilnahmerecht an einer Gesellschafterversammlung steht
grundsätzlich nur den Gesellschaftern zu, eine Teilnahme an den
Aufsichtsratssitzungen nur den Aufsichtsratsmitgliedern. Dritte (z. B.
Sachverständige, Berater) können nur in Ausnahmefällen hinzugezogen werden,
soweit hierfür ein Sachgrund besteht. Eine solche Hinzuziehung dürfte sich in
der Regel auf einzelne Tagesordnungspunkte begrenzen. Aufgrund
entgegenstehender rechtlicher bzw. vertraglicher Vorgaben können die Sitzungen der
Kontrollgremien aller Gesellschaften des Landkreises nicht der Öffentlichkeit
zugänglich gemacht werden. Zugleich dürfen nichtöffentliche Protokolle nicht in
SessionNet eingestellt werden.
Die
Aufsichtsratssitzungen der Ilmtalklinik könnten – im Gegensatz zu den
Gesellschafterversammlungen – zumindest teilweise, soweit nicht
Verschwiegenheitsplichten entgegenstehen, öffentlich zugänglich gemacht werden.
Hierfür müsste der Gesellschaftervertrag durch die Gesellschafterversammlung
entsprechend abgeändert werden.
Barrierefreier Livestream
Aus datenschutzrechtlicher Sicht ist zu dem Thema Live-Streaming
grundsätzlich folgendes anzumerken: Bei einer Liveübertagung öffentlicher
Sitzungen handelt es sich um die Übermittlung personenbezogener Daten an eine
Vielzahl unbestimmter Personen, für die die Einwilligung des Betroffenen
erforderlich ist und zwar sowohl was Bild als auch Ton betrifft. Es ist daher
vorher sowohl die Zustimmung der Kreisräte als auch der Mitarbeiter der
Verwaltung und der etwaig anderen anwesenden Gäste erforderlich
(Einverständniserklärung siehe Anlage 2).
Es ist dabei unbedingt der
Informationspflicht des Betroffen nach Art. 13 DSGVO
(Datenschutzgrundverordnung) nachzukommen. Zudem ist ausdrücklich darauf
hinzuweisen, dass Bild und Ton weltweit von einem unbegrenzten Personenkreis
abgerufen, aufgezeichnet, unter Umständen verändert und ausgewertet werden
können und die weitere Verwendung dieser Aufnahmen nicht abzusehen ist. Die
Entscheidung über die Zustimmung muss dabei ohne psychischen Druck auf der
Grundlage ausreichender Information über die besonderen Modalitäten einer
Interneteinstellung und mit ausreichender Überlegungsfrist erfolgen.
Verweigert ein
Kreistagsmitglied seine Einwilligung, dürfen seine Redebeiträge weder in Bild
noch Ton übertragen werden. Bei einem Live-Streaming bedeutet dies, dass diese
Zeitabschnitte überbrückt werden müssen bzw. eine Übertragungspause
stattfindet. Dabei ist zu vermeiden, dass bei jedem Redebeitrag die
Verweigerung des Kreistagsmitglieds jedes Mal aufs Neue öffentlich dokumentiert
wird. Es bietet sich hier als Lösung an, den Live-Stream etwas zeitversetzt zu
übertragen, so können solche erforderlichen Übertragungspausen relativ
unauffällig vermieden werden. Die Einwilligung muss außerdem jederzeit ohne
Angabe von Gründen widerrufen werden können. Willigt ein Verwaltungsmitarbeiter*innen
in die Übertagung im Internet nicht ein, muss z.B. den Sachvortrag für ihn ein
anderer Mitarbeiter*in übernehmen. Gleiches gilt für externe Gäste. Der
Zuschauerraum darf im Übrigen nicht so in die Übertragung einbezogen werden,
dass einzelne Zuschauer*innen erkannt werden können. Eine entsprechende Frage
in den Zuhörerraum auf Einwilligung vor Beginn der Sitzung genügt den
datenschutzrechtlichen Anforderungen nicht.
Die technischen
Voraussetzungen sind für eine Live-Stream-Übertragung im neuen Großen
Sitzungssaal des Landratsamts gegeben. Für die Durchführung der Übertragungen
ist jedoch ein externer Dienstleister erforderlich, der die Kameras stellt, die
Regieleistungen vor Ort durchführt und die Streamingserver stellt. Um einen Anhaltspunkt
hinsichtlich der Kosten zu bekommen, wurden seitens der Verwaltung zwei
ortsansässige externe Anbieter um die Abgabe eines Angebots gebeten. Zwei
Angebote sind eingegangen:
1. GFS
Film Entertainment GmbH 1.334,00
€ (Anlage 3)
2. Bieter,
Pfaffenhofen 1.850,20 €
Das Angebot der Firma GFS Film Entertainment GmbH beinhaltet
Live-Stream und optional Archivierung. Es handelt sich dabei um einen
Pauschalpreis für die Übertagung einer Sitzung bei Abnahme von mindestens fünf
Übertragungen/Jahr. Die Aufnahme würde mit vier Kameras erfolgen. Geht man von
einem Preis von 1.334,00 €/Übertragung aus sind das bei sieben
Kreistagssitzungen im Großen Sitzungssaal im Jahr 9.338,00 €/Jahr. Bei
Sitzungen in anderen Räumlichkeiten fallen keine zusätzlichen Kosten an. Bei der Option „Nur
Live-Stream – ohne Archivierung“ kommt man auf einen Betrag in Höhe von 8.120,00 €/Jahr.
Der Antrag der BK-Fraktion sieht einen barrierefreien Livestream aus den
Kreistagssitzungen vor. Die Mehrkosten für die Untertitel bewegen sich im hohen
3-stelligen oder sogar 4-stelligen Bereich je Sitzung.
Der Livestream könnte parallel auch auf Facebook
ausgestrahlt werden. Facebook bietet eine kostenlose Funktion zum Untertiteln
von Live-Videos an. Der Live-Stream kann dabei bei Facebook so konfiguriert
werden, dass keine Kommentare möglich sind und das Video nach Ende des Streams
auch nicht mehr verfügbar ist.
Hier ist aus datenschutzrechtlicher Sicht anzumerken,
dass das Betreiben von Facebook-Fanpages von Kommunen aus
datenschutzrechtlicher Hinsicht generell als sehr problematisch angesehen wird.
Die Rechtslage ist hier in datenschutzrechtlicher Hinsicht ziemlich komplex.
Eine Verwendung von Facebook empfiehlt sich aus datenschutzrechtlicher Sicht
nicht, weil ein datenschutzkonformer "Betrieb" im Ergebnis -
zumindest aktuell - kaum möglich erscheint.
Eine weitere Alternative wäre die Einblendung eines
Gebärden-Dolmetschers. Die Kosten hierfür dürften ebenfalls sehr hochpreisig
sein.
b) Bürgerbeteiligung und
Bürgerdialog
Regelmäßige Bürgerkonferenzen / Landkreisportal zur digitalen
Bürgerbeteiligung
Die
Landkreisbevölkerung soll durch digitale Dialogtools mehr Möglichkeiten zur
aktiven Teilhabe und Partizipation bei wesentlichen Entscheidungen der
Kreispolitik erhalten. Neben Bausteinen der Befragung / Umfragen und Chatbots
mit selbstlernender künstlicher Intelligenz zur aktiven Suchkommunikation,
findet die wirkungsvollste Einbindung der Bürger*innen über Bausteine der
Wissensbeteiligung (Digitale Bürgerkonferenzen / Blogs für relevante Themen)
statt. Die Dialogtools sollen dabei vollständig in die bestehende Homepage
integriert werden. Auch ein Landkreis-Blog bzw. Landrats-Vlog könnte direkt in
die Homepage eingearbeitet werden. Ein separates Landkreisportal als
„Parallelstruktur“ zur Landkreis-Homepage erscheint aus Sicht der Bereiche
Öffentlichkeitsarbeit und EDV nicht sinnvoll.
Jugendkreistag: Dieser Punkt wird in TOP 10 behandelt.
Onlinesprechstunden des Landrats und des Stellvertretenden Landrats
Der
Landrat und sein Stellvertreter bieten bereits persönliche und telefonische
Bürgersprechstunden an. Diese Sprechstunde kann auf Wunsch der Bürger*innen
selbstverständlich auch per Videokonferenz erfolgen.
Digitale Terminvereinbarung
Der
Bedarf für die Verwaltung wurde analysiert. Derzeit werden verschiedene
Anbieter verglichen. Eine digitale Terminvereinbarung für die Zulassungs- und
Führerscheinstelle wird bis Ende 2020 möglich sein. Danach erfolgt die
Einführung einer digitalen Terminvereinbarung für die restlichen Sachgebiete.
d) Barrierefreie
Kommunikation und Inklusion
Einfache Sprache
Die
Verwendung einer einfachen Sprache wird bereits in § 22 AGO vorgeschrieben. Die
AGO ist für das Landratsamt als Staatsbehörde unmittelbar bindend. Für das
Landratsamt als Kreisbehörde wird die Anwendung der AGO empfohlen. Um diese
theoretischen Vorgaben im Arbeitsalltag bei der Kommunikation mit den Bürger*innen
umzusetzen, sollen die Mitarbeiter*innen durch Informationsangebote für dieses
Thema sensibilisiert und durch Fortbildungen entsprechend geschult werden. Auch
bei der Erstellung von Informationsblättern und Formularen soll verstärkt auf
die Verwendung von Einfacher Sprache geachtet werden.
Videodolmetscher-Tool für alle relevanten Sprachen
Die gesetzlichen Grundlagen zur Amtssprache finden sich in Art. 23 BayVwVfG sowie § 19 SGB X (Amtssprache ist deutsch). In den meisten Sachgebieten (Soziales, Integration, Ausländeramt, VHS) stellt die Sprachbarriere auch kein größeres Problem dar. Eine Verständigung auf Englisch oder mit Hilfe von Bekannten ist meist problemlos möglich. Hier wird wenig bis kein Bedarf für ein Videodolmetscher-Tool gesehen. Anders stellt sich die Lage im Jugendamt dar. Dort fallen oft hohe Kosten für Dolmetscher an (u. a. bei der Verständigung mit unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen, etc.). Ein Videodolmetscher-Tool würde hier den Bürgerservice erhöhen und Kosten sparen (Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit). Es wird daher vorgeschlagen, im Sachgebiet Jugend, Familie, Bildung mit dem Einsatz eines Videodolmetscher-Tools als Pilotprojekt zu beginnen.
Beschlussvorschlag:
Der Kreistag beschließt:
1. Alle Kreistagssitzungen werden per Live-Stream auf der Landkreishomepage übertragen. Die aufgezeichneten Sitzungen sind für 12 Monate auf der Landkreishomepage einsehbar. Die Firma GFS Film Entertainment GmbH erhält den Auftrag für die Live-Stream-Übertragung inkl. Archivierung für 1.334,00 € (brutto) pro Übertragung. Auf die Barrierefreiheit des Live-Streams wird derzeit aus Gründen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit verzichtet.
2. Die Landkreisbevölkerung soll durch digitale Dialogtools mehr Möglichkeiten zur aktiven Teilhabe und Partizipation bei wesentlichen Entscheidungen der Kreispolitik erhalten. Die Verwaltung wird beauftragt, Angebote zu Tools für digitale Bürgerumfragen, digitale Bürgerkonferenzen sowie Blogs einzuholen und deren Umsetzung voranzutreiben. Die Einbindung eines Chatbots auf der Landkreiswebseite soll weiterverfolgt werden.
3. Der § 22 AGO soll auch für das kommunale Landratsamt angewandt werden. Durch Informationsangebote werden die Mitarbeiter*innen des Landratsamts für das Thema „Einfache Sprache“ sensibilisiert und durch Fortbildungen entsprechend geschult.
4. Die Verwaltung wird beauftragt, Angebote für ein Video-Dolmetscher-Tool zum Einsatz im Sachgebiet Jugend, Familie, Bildung einzuholen (Pilotprojekt).
5. Durch Änderung des Gesellschaftervertrags könnten die Aufsichtsratssitzungen der Ilmtalklinik zumindest teilweise, soweit nicht Verschwiegenheitsplichten entgegenstehen, öffentlich zugänglich gemacht werden. In der Gesellschafterversammlung der Ilmtalklinik GmbH soll der Landkreis Pfaffenhofen, vertreten durch Herrn Landrat Albert Gürtner, diesbezüglich auf eine Änderung des Gesellschaftervertrags hinwirken.