Betreff
Änderung der Verordnung des Landkreises Pfaffenhofen a.d.Ilm über das Landschaftsschutzgebiet "Paartal" im Gebiet der Märkte Hohenwart, Reichertshofen und der Gemeinde Pörnbach, Herausnahme von Fl.-Nr. 1098 Gemarkung Freinhausen aus dem Landschaftss chutzgebiet
Vorlage
2010/1076
Art
Beschlussvorlage

Sachverhalt/Begründung

 

1. Vorhaben

 Auf Fl.-Nr. 1098 Gemarkung Freinhausen ist eine weitere Fertigungshalle für die ortsansässige Firma Sauermann GmbH & Co KG geplant. Der metallverarbeitende Betrieb ist auf die Entwicklung und Produktion von Anhängersystemen spezialisiert.

 

Für die 17. Änderung des Flächennutzungsplanes und für die Aufstellung des vorhabenbezogenen Bebauungsplans Nr. 44 „Gewerbegebiet Hohenwarter Straße“ hat der Markt Hohenwart die Herausnahme des Grundstücks Fl.-Nr. 1098 Gemarkung Freinhausen (ca. 0,85 ha) aus dem ca. 2.100 ha großen Landschaftsschutzgebiet beantragt. Der Umgriff des Bebauungsplans liegt im räumlichen Geltungsbereich der Landschaftsschutzgebietsverordnung „Paartal“ vom 11.10.1993.

 

Der Schutzzweck der Landschaftsschutzgebietsverordnung steht den planungsrechtlichen Festsetzungen als rechtliches Hindernis entgegen. Aus rechtlicher Sicht ist vor Abschluss der Planaufstellungsverfahren für die Änderung des Flächennutzungsplanes und des Bebauungsplanes die Änderung der Landschaftsschutzgebietsverordnung erforderlich, da Bauleitpläne nicht im Widerspruch zu einer Landschaftsschutzverordnung stehen dürfen.

 

Aus naturschutzfachlicher Sicht handelt es sich bei der betroffenen Fläche um einen naturschutzfachlich wertvollen Landschaftsausschnitt im Naturraum Donau-Isar-Hügelland. Das Grundstück ist zu etwa ¾ als gesetzlich geschütztes Biotop nach § 30 BNatSchG i.V.m. Art. 13 d BayNatSchG anzusprechen (Sumpfwald, Auwald, Gebüsche, Quellen, Quellfluren). Das Wäldchen dient als natürliche Pufferzone zwischen Bebauung/Straße und angrenzendem FFH-Gebiet „Paar“ mit seinen wertvollen Nasswiesen. Das Wäldchen bietet u.a. streng bzw. besonders geschützten Fledermäusen und höhlenbütenden Vogelarten einen Lebensraum. Bestandserhebungen sowie Fachgutachten (speziellen artenschutzrechtliche Prüfung und FFH-Verträglichskeitsprüfung) kommen jedoch zu dem Ergebnis, dass es mit geeigneten konfliktvermeidenden sowie Kompensations-Maßnahmen zu keinem Verbotstatbestand besonders bzw. streng geschützter Arten sowie zu keiner Verschlechterung der Erhaltungsziele des FFH-Gebiets kommen wird.

 

 

 

 

 

 

2. Voraussetzungen

2.1 Planreife

Zunächst ist Voraussetzung für die Änderung der Landschaftsschutzgebietsverordnung zur Aufhebung des Schutzgebietsstatus für das Grundstück Fl.-Nr. 1098 Gemarkung Freinhausen, dass das Bauleitplanverfahren „Planreife“ erlangt hat und der Bebauungsplan damit vollzugsfähig ist.

 

Der Marktgemeinderat Hohenwart hat die bislang vorliegenden Stellungnahmen der Träger öffentlicher Belange und privater Einwände zur Kenntnis genommen und soweit erforderlich einer Abwägung unterzogen.

Am 20.09.2010 wurde der geänderte Bebauungsplan vom Gemeinderat gebilligt. Er liegt in der Zeit vom 12.10.2010 bis 12.11.2010 öffentlich aus. Zu den Änderungen können gemäß § 4a Abs. 3 BauGB bis zum 12.11.2010 Stellungnahmen abgegeben werden.

Die vorgenommenen Änderungen und die erneute Auslegung stehen der Vollzugsfähigkeit des Bebauungsplanes nicht entgegen.

 

Weiter ist für die Planreife erforderlich, dass gemäß § 30 Abs.3 BNatschG eine Ausnahme von den Verboten des § 30 Abs. 2 BNatschG erteilt wird, da Handlungen, die zu einer Zerstörung oder einer sonstigen erheblichen Beeinträchtigung gesetzlich geschützter Biotope führen können, verboten sind.

Dies ist möglich, wenn ein Ausgleich der Beeinträchtigung innerhalb eines angemessenen Zeitraums erfolgen kann.

Daneben muss von der Regierung von Oberbayern eine Ausnahmegenehmigung gemäß § 44 ff. BNatschG erteilt werden. Diese wurde in Aussicht gestellt.

Voraussetzung für die Erteilung der Ausnahme gemäß § 30 Abs.3 BNatschG sowie für die artenschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung gemäß §§ 44 ff. BNatschG ist der Ausgleich der Beeinträchtigungen (siehe Punkt 3).


 

2.2 Verfahren

Das für die Änderung der Landschaftsschutzgebietsverordnung erforderliche Auslegungs- und Beteiligungsverfahren ist mittlerweile abgeschossen.

 

Folgende Einwendungen sind eingegangen:

 

Die Bürgerinitiative Hohenwarter Straße ist lt. Stellungnahme vom 25.06.2010 gegen eine Firmenerweiterung, da die Anwohner seit  Jahren durch Lärm, LKW-Verkehr und Kellervernässung beeinträchtigt werden. Der vorhandene Wald dient als Windbremse, als Licht- und Lärmbremse vom westlichen Kunststoffbetrieb der Firma Sauermann und als Begrünung. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite wird ein neues Wohngebiet verwirklicht. Aus diesem Grund fordern Sie mehr Anwohnerschutz.

 

Der Bund Naturschutz in Bayern e. V. (BN) weist mit Schreiben vom 26.07.2010 darauf hin, dass die Fläche im Überschwemmungsgebiet des Paartals liegt. Das Schutzgut Wasser ist mit dieser geplanten Erweiterung gefährdet. Die Belange des Naturschutzes haben im Paartal und besonders in der Paaraue absoluten Vorrang. Ein Gewerbegebiet in einem derart wertvollen Lebensraum ist nach Meinung de BN nicht genehmigungsfähig. Damit ist auch die Verkleinerung des Landschaftsschutzgebiets nicht genehmigungsfähig.

Dem gegenüber steht die dem BN durchaus bewusste hohe Bedeutung des Gewerbebetriebs Sauermann, der für Freinhausen soviel bedeutet, wie Audi für Ingolstadt. Sollten die wirtschaftlichen Gründe als überwiegender Ausnahmegrund für die Wegwägung der Argumente des Natur- und Hochwasserschutzes herangezogen werden, müsste für eine Genehmigungsfähigkeit dargelegt werden, weshalb die geplante Erweiterung an genau dieser Stelle, d. h. alternativlos, für die Sicherung der zukünftigen Existenz der Firma unabdingbar wäre.

 

Der Landesbund für Vogelschutz in Bayern e.V. (LBV) widerspricht mit Schreiben vom 07.12.2009 der Rodung von nahezu einem Hektar Auwald in einem Landschaftsschutzgebiet nachdrücklich, da es sich hier um einen Landschaftsbestandteil handelt, der den Ort gegen das Natura-2000-Gebiet Paartal abgrenzt. Eine weitere Ausdehnung der Ortschaft mit einem Gewerbegebiet in die unmittelbare Nähe des FFH-Gebiets und das Entfernen der Abschirmung der westlichen Wiesenflächen gegenüber der Ortschaft Freinhausen ist aus Sicht des LBV naturschutzfachlichen Gründen nicht hinnehmbar.

 

 

Die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald e. V. (SDW) lehnt mit Schreiben vom 10.12.2009 eine Verkleinerung des Landschaftsschutzgebiets um die Fläche der Fl.-Nr. 1098 ab, da diese Waldfläche für Freinhausen und darüber hinaus für das Landschaftsbild von großer Bedeutung ist. Nach Meinung der SDW sollten östlich der KR 13 keine baulichen Veränderungen mehr vorgenommen werden.

 

Der Landesfischereiverband Bayern e. V. (LFV) stimmt mit Stellungnahme vom 11.01.2010 der geplanten Maßnahme ebenfalls nicht zu, da es sich bei der betroffenen Fläche um ein äußerst wertvolles Auwaldbiotop handelt. Es wird ausdrücklich auf die rechtliche Lage im Sinne des Bayer. Naturschutzgesetzes hingewiesen.

 

Die Jägervereinigung des Landkreises Pfaffenhofen e.V. nimmt für den Landesjagdverband Bayern

e. V. mit Schreiben vom 20.07.2010 Stellung und stellt den Antrag, die Fl.-Nr. 1114 der Gemarkung Freinhausen mit den geplanten Ausgleichsmaßnahmen in das benachbarte Landkreisschutzgebiet „Paartal“ mit aufzunehmen, damit diese Gesamtfläche zu einem neuen Vollnaturschutzgebiet weiterentwickelt werden kann.

Bzgl. Fl.-Nr. 1131 bittet die Jägervereinigung zu prüfen, ob diese Ausgleichsfläche an das Landkreisschutzgebiet „Paartal“ angegliedert werden kann, damit diese Ausgleichsfläche dauerhaft gesichert werden kann.

2.3 Ausgleichsmaßnahmen

 

Als Ersatz- und Ausgleichsmaßnahmen sind vorgesehen:

 

a) Ausgleichsfläche Fl.-Nr. 1114 (Grunderwerb durch die Gemeinde Hohenwart noch nicht abgeschlossen)

Der derzeit intensiv genutzte Acker ohne naturschutzfachlich besonders bedeutsame Vorkommen in unmittelbarer Nähe zu Paar bzw. Paaraltwasser soll den Verlust von auwaldartigen Gehölzlebensräumen (Auwald 4.230 qm, Pappelforst und initiales Gebüsch 2.675 qm) am Eingriffsort dienen. Die Untere Naturschutzbehörde fordert die Schaffung eines arten- und strukturreichen Auwalds. Auf der Fl.-Nr. 1114 soll ein teilweiser Abtrag des Oberbodens durchgeführt und der natürlichen Sukzession überlassen werden. Die Ersatz- und Ausgleichsmaßnahe, wertet auch das Landschaftsbild auf. Zudem dient sie dem Schutz des Bodens, des Gewässers und des Grundwassers vor bisher durch standortfremde Ackernutzung bedingte Beeinträchtigungen.

 

b) Ausgleichsfläche Fl.-Nr. 1131 (Eigentümer Markt Hohenwart)

Das derzeit intensiv genutzte Grünland ohne naturschutzfachlich besonders bedeutsame Vorkommen, das sich sowohl am Rand des amtlich festgesetzten Überschwemmungsgebiets der Paar befindet, als auch im Wiesenbrüter-Schutzgebiet mit landesweit bedeutsamen Vorkommen des Großen Brachvogels, soll zukünftig als Ausgleich für Retentionsraumverlust durch die Erweiterungsfläche dienen. Ein weiteres Ziel ist die Schaffung von Nahrungshabitaten für wiesenbrütende Vogelarten.

Ein Abtrag und Abfahren des Oberbodens dient dem Ausgleich von Retentionsraumverlust durch die Erweiterungsfläche, der Schaffung von auentypischem Feuchtgrünland, der Schaffung von Nahrungshabitaten für wiesenbrütende Vogelarten sowie einer Bereicherung des Landschaftsbildes.

 

c) Ausgleichsfläche Fl.-Nr. 1058 (Eigentümer: Jägervereinigung Landkreis Pfaffenhofen e.V.)

Auf diesem ca. 2,5 ha großen Grundstück soll im Bereich der Paarschleife durch Aufforstung ein ca. 8.562 qm großer Auwald entstehen. Damit ist es möglich, auch auf der Nordostseite des Altwassersystems Flachwasserzonen mit einem Röhrichtstreifen zu schaffen und das Altwasser mit einem uferbegleitenden auwaldartigen Gehölz zu schützen.

 

Die Durchführung der oben genannten Ausgleichsmaßnahmen ist Voraussetzung für die Änderung der Landschaftsschutzgebietsverordnung.

 

3. Naturschutzbeirat

Am 14.09.2010 wurde in der Naturschutzbeiratssitzung folgender Beschluss einstimmig  gefasst::

 

Der Naturschutzbeirat stimmt der Herausnahme der Fl.-Nr. 1098 der Gemarkung Freinhausen

(Größe 0,8522 ha) aus dem Landschaftsschutzgebiet „Paartal“ unter folgenden Auflagen zu:

 

  1. die artenschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung durch die Regierung von Oberbayern ist Voraussetzung für die Zustimmung.
  2. der Markt Hohenwart muss die Fl.-Nrn. 1114 und 1131 der Gemarkung Freinhausen als Ausgleichsflächen erwerben.
  3. das Landratsamt Pfaffenhofen, untere Naturschutzbehörde und der Markt Hohenwart sollen mit dem Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF)  prüfen, ob die geforderte Aufforstung statt auf der Fl.-Nr. 1114 der Gemarkung Freinhausen, im Bereich der Paarschleife, auf der Fl.-Nr. 1058 der Gemarkung Freinhausen, gepflanzt werden kann.  Auf der Fl.-Nr. 1114 soll ein teilweiser Abtrag des Oberbodens durchgeführt und der natürlichen Sukzession überlassen werden.
  4. die Ausgleichsflächen (Fl.-Nrn. 1114 und 1131 der Gemarkung Freinhausen) müssen dinglich gesichert und in das bestehende Landkreisschutzgebiet „Paarauen“ aufgenommen werden.
  5. einer nochmaligen Erweiterung des Betriebes, im Anschluss an die Fl.-Nr. 1098 der Gemarkung Freinhausen, wird der Naturschutzbeirat nicht zustimmen.

 

Beschlussvorschlag:

 

  1. Der Kreistag weist die Bedenken und Einwände der Träger öffentlicher Belange und Verbände aufgrund der von der unteren Naturschutzbehörde getroffenen Abwägungen zurück.

 

  1. Der Kreistag stimmt der Herausnahme der Fl.-Nr. 1098 der Gemarkung Freinhausen

            (Größe 0,8522 ha) aus dem Landschaftsschutzgebiet „Paartal“ unter folgender Bedin-

            gung zu:

 

a)    die von der Regierung von Oberbayern in Aussicht gestellte artenschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung wird erteilt.

b)    der Markt Hohenwart erwirbt das Grundstück Fl.-Nr. 1114 der Gemarkung Freinhausen als Ausgleichsfläche.

c)    die Ausgleichsflächen werden dinglich gesichert und in das bestehende Landkreisschutzgebiet „Paarauen“ aufgenommen werden.